MARIENKÄFERMOMENTE #26 - Empathische Führung im Berufs- und Familienleben - im Talk mit Celil Genç
Shownotes
Über Podcast-Gast Celil Genç: Celil Genç hat nach seinem Studium der Gebäudeklimatik, einen Master of Science in Intelligent Buildings absolviert. Nach diversen Führungspositionen im In- und Ausland, startete er 2023 bei der gematik GmbH (Nationale Agentur für Digitale Medizin) und setzt sich für die Digitalisierung des Gesundheitswesens ein. Celil verantworte dort als Product Group Director die fachliche Entwicklung von Anwendungen wie z.B. dem E-Rezept und der elektronischen Patientenakte.
Was Du in dieser Folge lernst: Führen mit Herz und Empathie und Leben mit Sinn – Achtsamkeit, Vaterschaft und innere Balance im Berufs- und Familienalltag. Das Interview betont, dass der Weg zu einer inneren Balance und Zufriedenheit nicht immer einfach ist, aber die bewusste Entscheidung, sich selbst und andere respektvoll zu behandeln, zu mehr Erfüllung führt.
Wichtige Themen im Überblick:
(02:55) Agile und werteorientierte Führung
(04:45) Zusammenarbeit und Werteverständnis im Team
(07:54) Eigene Werte, als Führungskraft und Vater
(09:15) Kindererziehung und Vorbildfunktion
(11:53) Vatersein, Care-Arbeit und Rollenwandel
(17:20) Was wir von Kindern lernen
(18:20) Marienkäfermomente: Die kleinen Dinge sehen
(21:09) Vereinbarkeit durch Work-Life-Blending
(24:23) Orchestrierung innerer Persönlichkeitsanteilen
(28:00) Selbstfürsorge, Gelassenheit und Agilität im Alltag
(30:58) Digitalisierung des Gesundheitswesens, Motivation
(33:48) Umgang mit Stress & inneren Antreibern
(37:50) Wunsch an einen Glückskäfer für Eltern, Familien, Kinder
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Mehr Infos zur Initiatorin, Autorin und Beraterin Lilian Güntsche-Hilgendag unter https://lilianguentsche.com/
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Transkript anzeigen
00:00:02: Lilian Güntsche-Hilgendag: Hallo und herzlich willkommen im Marienkäfermomente Podcast. Mein Name ist Lilian und hier dreht sich alles um Achtsamkeit, Selbstfürsorge und Vereinbarkeit für Eltern. Und gerade als Eltern kennen wir das ja vielleicht, dass wir sehr viele unterschiedliche Rollen wahrnehmen im Alltag. Also wir sind irgendwie Mama, Papa, dann sind wir vielleicht noch Unternehmer, Unternehmerinnen, Arbeitnehmer, Arbeit, Arbeitnehmerinnen oder wir sind Führungskraft. Dann sind wir natürlich noch irgendwie Tochter oder Sohn, Schwester, Bruder, Patentante. Ich in meinem Fall Autorin, Vortragsrednerin, Dozentin. Also ihr kennt das ja. Wir haben irgendwie unterschiedliche Rollen, die wir im Alltag wahrnehmen. Und das in einen Einklang zu bringen, ist oft relativ herausfordernd. Aber man kann es tatsächlich auch anders sehen. Man kann es nämlich auch als etwas Schönes betrachten und als etwas, was man vielleicht als Einladung sieht, das orchestrieren zu lernen. Und genau in dieses Thema gehen wir heute ein bisschen tiefer rein. Ich habe einen ganz tollen Gast für euch, den ich euch gleich ein bisschen genauer vorstellen möchte und der sagt Ich möchte ihn zitieren an der Stelle. Den Satz fand ich wunderschön. Die Orchestrierung und Moderation unserer inneren Persönlichkeiten erfordert Geduld, Achtsamkeit und Training und führt letzten Endes zu innerer Balance. Was hat es damit auf sich? Frage ich mich natürlich, und das wollen wir erfahren. Er hat nämlich sehr viele verschiedene vielseitige Persönlichkeitsakzente, würde ich jetzt mal sagen. Wir kennen uns aus einem Digitalprojekt schon relativ lange. Er ist seit vielen Jahren Führungskraft, er ist Master of Science and Intelligent Buildings und ist seit zwei Jahren bei der G. tätig als Product Group Director, kümmert sich also um die Digitalisierung des Gesundheitswesens. Wow, Und dann ist er auch noch Papa. Also spannende Persönlichkeit für euch. Und hier ist er. Herzlich willkommen, Celil. Schön, dass du da bist!
00:01:49: Celil Genç: Ja, Vielen Dank für die Einladung, Lilian. Es hat mich gefreut. Und das freut mich, hier sein zu können. Und mit dir über Achtsamkeit und alles Weitere. Ja, ein Stück weit vielleicht auch zu philosophieren und auch deine Meinung zu hören. Das bin ich neugierig drauf und freue mich auf die kommenden Minuten mit dir und mit den Zuhörern.
00:02:08: Lilian Güntsche-Hilgendag: Ja, danke dir für deine Zeit, Celil. Das ist sehr, sehr schön und ich bin sehr froh, dass ich dich im Podcast haben kann, Weil ich in meiner mittlerweile fast 20-jährigen Beratertätigkeit in Unternehmen habe ich ja schon die ein oder andere Führungskraft kennenlernen dürfen. Und ich bin immer ganz begeistert, wenn ich auf so empathische Führungskräfte treffe. Und das war bei dir auf jeden Fall der Fall. Also du bist so habe ich so in Erinnerung noch aus dem Projekt. Du hast immer gefragt Wie geht es dir? Was braucht ihr? Und immer so geschaut, dass es dem Team auch gut geht. Und das ist bei mir total in Erinnerung geblieben. Und das ist eine wunderschöne Eigenschaft, finde ich. Und da würde ich mich natürlich mal dafür interessieren, wie du deine Führung definierst. Also was sind vielleicht Werte, wo du sagst, die sind dir wichtig in der Führungskultur.
00:02:58: Celil Genç: Ich hatte vor einigen Jahren mal die Gelegenheit, bei so einem Agile Leadership Workshop teilzunehmen. Da ging es konkret darum Wie kann ich denn die agilen Methoden tatsächlich einbauen in das, was ich unter ja unter Führung verstehe? Das hat bei mir ein bisschen so für ein Hallo! Moment gesorgt. Was meine ich damit? Vorher als junge Führungskraft probierst du dich ein bisschen aus. Aber wenn du ein Erfolgsmodell hast, dann probierst du dieses Erfolgsmodell bei allen. Und irgendwann merkst du aber Menschen sind anders. Und das, was bei einem funktioniert, funktioniert beim anderen nicht. Und das triggert mich. Und das hat mich am Anfang sehr stark frustriert. Und ja, da hat mir der Workshop tatsächlich sehr geholfen, um ja auch zu sehen Menschen haben unterschiedliche Bedürfnisse, da muss man unterschiedlich drauf eingehen. Und seitdem glaube ich, dass ich das auch für mich adaptiert habe. Das heißt, wenn ich merke oder jemanden frage Was brauchst du denn? Ich merke, da braucht jemand eine klare Anweisung, dann gebe ich die klare Anweisung. Und wenn einer eher Freiräume braucht, dann muss er auch diese Freiräume bekommen. Letzten Endes geht es darum, dass jeder, glaube ich, das richtige Umfeld findet für maximale Performance, wenn man das so sagen darf. Und dieses Umfeld zu bieten ist, glaube ich, ja auch eine Leadershipaufgabe oder Managementaufgabe. Nenn es, wie du willst, aber eigentlich ist es eine menschliche Aufgabe. Und ich glaube, das richtige Umfeld zu bieten, den richtigen Rahmen zu spannen, damit die Menschen erfolgreich sein können und Spaß haben. Das ist das Wie, wie ich gerne arbeite. Ja.
00:04:24: Lilian Güntsche-Hilgendag: Ja, sehr, sehr schön. Und du hast ja auch in deiner Führungsrolle jetzt bei der Gematik hast du ja auch einige Menschen quasi, die du führen darfst, in unterschiedlichen Rollen. Das ist ja vielleicht auch mal herausfordernd. Wie nimmst du das wahr? Wie gehst du damit um? Also wenn es vielleicht auch so ist, dass mehrere Menschen mal gleichzeitig Dinge von dir wollen und an dir ziehen.
00:04:45: Celil Genç: Ich glaube, die, die gleich oder dass man unterschiedliche Menschen hat, vielleicht auch von seinem Vorgesetzten gerade was hat und die Mitarbeiter gerade vielleicht etwas anderes brauchen als die Projektmitarbeiter. Das gehört zum Alltag, glaube ich dazu. Als ich in die Gematik neu dazugekommen bin, habe ich diverse Beobachtungen gehabt, habe aber auch mit meinem Team an einem Ara, an einem Manifest gearbeitet. Ara ist unsere Abkürzung, also wir arbeiten nach der ES nach dem Framework, haben also ein Agile Release Training, wo wir unterschiedliche agile Teams auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten lassen können. Davon haben wir drei insgesamt und einem stehe ich an der Stelle vor für die Anwendung. Und das sind dann knapp 130 Menschen, die fachlich arbeiten. Und die müssen am Ende des Quartals im Idealfall die Ziele, die wir uns gesteckt haben, auch liefern. Also da ist dann schon auch eine massive Power dahinter. Und mir war wichtig, dass wir ein gemeinschaftliches Verständnis haben, Werteverständnis haben, also ein Manifest entwickeln. Tatsächlich. Da haben wir uns von diversen Sachen inspirieren lassen, sei es vom Safe Framework an sich, weil dort gibt es schon feste Strukturen. Wir haben uns aber auch beispielsweise vom Buch Menschliche Führung von Markus Leitner auch inspirieren lassen, haben uns das angeschaut und haben das gemeinschaftlich erarbeitet, haben also geschaut, wer tickt wie. Dafür hatte ich dann auch am Anfang gesagt Guckt mal bitte, was eure Werte sind. Im Internet gibt es diverse Möglichkeiten, das mal zu erforschen. Was sind eure Top drei Werte? Und da merkst du, es sind einfach unterschiedliche Menschen. Dem einen ist Humor wichtig und Gelassenheit auf der Arbeit wichtig, der andere braucht vielleicht eher klare Strukturen, die die andere braucht Freiheiten. Und das nicht als als ausschließendes Argument zu sehen, sondern als Gewinnbringendes und wertschöpfendes für die Gemeinschaft.
00:06:29: Celil Genç: Das hat uns, glaube ich, an der Stelle geholfen und auch ein gemeinsames Wertefundament zu schaffen. Und eins ist mir wichtig, dass wir gesagt haben Wir wollen menschlich handeln, wir wollen respektvoll miteinander umgehen. Wir wollen wertschätzend miteinander umgehen, vertrauensvoll und empathisch, damit wir ein sicheres Arbeitsumfeld schaffen. Und dieses sichere Arbeitsumfeld soll uns wiederum dienen. Maximale Performance zu bringen und gemeinsames Wachstum zu erzielen. Es bringt ja nichts, wenn ich erfolgreich bin, wenn alle anderen darunter leiden und umgekehrt. Ich glaube, dass das gemeinschaftliche Wachstum hier wichtig ist. Und jetzt kommt halt die nächste Schwierigkeit. Hast du ein Manifest, dann steht es auf dem Papier. Und das zum Leben, zum Leben zu bringen und das wirklich auch zu vorzuleben und auch immer wieder einzufordern ist, ist noch mal eine Herausforderung. Ich habe aber auch gemerkt, dass das für eine gewisse Entspannung bei mir sorgt. Warum? Weil man sagen kann Hör mal zu. Also nehmen wir mal an, jemand hat ein Fehlverhalten oder ein nicht gern gesehenes Verhalten zu Tage gelegt. Dann kann ich mich immer wieder darauf beziehen und sagen Hey, hör mal zu. Das sind die Regeln, auf die wir uns committed haben. Du bist in dieser Gruppe, Du hast dich also auch zu diesen Regeln zu committen, wenn du Teil der Gruppe bist. Ergo verhalte dich bitte entsprechend anders, verhalte dich respektvoll, verhalte dich so oder so und da merkt man, dass es dann nicht auf die persönliche Ebene sofort geht. Also nicht du bist blöd und du bist doof, sondern hey, wir haben hier ein Werteschema. Bitte halte dich daran. Und dadurch ist einfach unser gemeinschaftliches Leben auch ein Stück weit einfacher geworden, glaube ich. Ja.
00:07:54: Lilian Güntsche-Hilgendag: Welche Werte hast du denn, wenn du sagst So die Top drei?
00:08:01: Celil Genç: Ich glaube also, ich werde in der Außenwahrnehmung werde ich als sehr ähm also ich werde extrovertiert wahrgenommen und als jemand, der sehr innovativ ist, das ist das, was mir oft gespiegelt wird. Gleichzeitig merke ich aber, dass mein inneres Ich eigentlich sehr schutzbedürftig ist im Sinne von Ich will Wachstum, aber es muss irgendwie geordnet und strukturiert vorangehen. Das ist so wie ich, wie ich mich selbst kennengelernt habe in den vergangenen Jahren. Ja, wo möchte ich gerne eine wertschätzende Umgebung insgesamt haben? Ich möchte, dass wir aus Fehlern lernen. Also nicht eine Fehlerkultur, sondern eine Lernkultur. Das finde ich viel, viel schöner vom Begriff her und im Arbeitsalltag auch nicht von Schnittstellen sprechen, sondern von Kupplungsstellen, wo einfach Arbeitspakete übergeben werden müssen. Und die brauchen einfach ein gemeinschaftliches Miteinander, um gemeinschaftlich zu wachsen. Also ich finde es cool, wenn man gemeinsam Erfolg hat, lange auf irgendetwas hingearbeitet hat und dann am Ende einmal durchatmen kann und sagen kann Boah, war hart, aber war cool. Wir haben ein tolles Ergebnis gemeinsam erzielt. Das finde ich schön. Das ist das, was mir Spaß macht.
00:09:09: Lilian Güntsche-Hilgendag: Und diese Werte? Trägst du die auch in deine Familie? Also du bist ja auch Papa von zwei Kindern. Zwei Söhne. Wie findet sich das da wieder?
00:09:20: Celil Genç: Also in der Kindererziehung ist mir eine Sache sehr stark aufgefallen. Kinder merken sich nicht das, was sie hören, sondern es prägt, was sie sehen. Das heißt, das, was du tust, ist viel, viel wichtiger als das, was du sagst. Also zu sagen Räum dein Zimmer auf und dann ist dein eigener Bürotisch die ganze Zeit wie ein Saustall, und da fliegen die Stifte umeinander. Das wirkt nicht unbedingt.
00:09:48: Lilian Güntsche-Hilgendag: Überzeugend.
00:09:49: Celil Genç: Überzeugend.
00:09:50: Lilian Güntsche-Hilgendag: Ja.
00:09:51: Celil Genç: Weil irgendwann sind die Kinder in dem Alter, wo sie den Spiegel hinhalten und sagen Oh, Mist. Okay, dann. Dann bringt das also nichts. Deswegen, glaube ich, ist eher die Methode, Kinder mitzunehmen, auf die Reise mitzunehmen und eher das Warum und das Wie zu erklären. Warum ist es wichtig, dass das aufgeräumt ist? Warum ist es wichtig, dass man pünktlich ist, dass automatisch einfach? Ja, der Arbeitsalltag, Arbeitsalltag und der Lebensalltag entspannter.
00:10:17: Lilian Güntsche-Hilgendag: Der erste Brief, den man kriegt als Kind, ist ja erst mal die Steuernummer, damit man auch bald arbeiten geht.
00:10:23: Celil Genç: Ich erinnere mich auch daran. Herzlich willkommen. Danke, dass Sie da sind. Hier haben Sie Ihre Steuernummer, dachte ich. Vater Staat Toll.
00:10:29: Lilian Güntsche-Hilgendag: Deutschland.
00:10:31: Celil Genç: Willkommen in Deutschland. Genau. Ja, es gehört auch zur Kultur dazu, glaube ich. Also ich habe da geschmunzelt, als ich den Brief tatsächlich erhalten habe.
00:10:37: Lilian Güntsche-Hilgendag: Ja.
00:10:39: Celil Genç: Aber so ist es. Das Gesehene ist viel, viel wichtiger. Das Erlebte ist viel, viel wichtiger als das Gesagte. Und das prägt auch viel, viel stärker. Ja, und ich glaube, mit so einem, mit so einer starken letzten Endes. Man gibt zwar ein WertEschema mit, aber was im Alltag draußen passiert. Ich habe ja einen Sohn, der ist 14, mitten in der Pubertät und der andere, der ist im Kleinkindalter. Unterschiedlicher könnte das nicht sein. Und irgendwann hast du ja nicht mehr so eine volle Kontrolle über das, was was im Alltag passiert. Ja, also wenn die Kinder acht Stunden in der Kita verbringen und acht Stunden in der Schule und dann noch mal zwei drei Stunden im Freundeskreis, da ist ja nur noch ein Bruchteil in der Familie. Tatsächlich? Und ich glaube, dort ein gutes WertEschema mitzugeben, um den Kindern zu ermöglichen, gute Entscheidungen fürs Leben zu treffen. Das ist, glaube ich, das, wo ich sagen würde, ich war erfolgreich, wenn ich merke, meine Kinder treffen gute Entscheidungen, wägen ab was, was ist gut für mich, was ist gut für mein Umfeld? Was ist gut für für die Menschheit? Was ist gut für die Welt insgesamt. Und treffen dann für sich eine gute Entscheidung. Dann würde mich das, glaube ich, im Alter glücklich machen. Ja, gute Entscheidungen treffen.
00:11:47: Lilian Güntsche-Hilgendag: Ich habe auch noch in Erinnerung, dass in unserem Projekt damals hatten wir irgendwann dann irgendwas zelebriert, als wir irgendein Goal live geschafft haben. Und dann hast du auch deinen Sohn mitgebracht, den Großen. Und da habe ich auch noch gedacht Wie schön, dass der einfach Teil davon ist, dass der einfach also du, du hast das quasi nicht nicht abgegrenzt, sondern einfach gesagt so, das ist hier mein Sohn, das sind meine Kollegen und das ist mir sehr in Erinnerung geblieben. Und du hast ja auch als der zweite dann kam noch mal auch sehr viel Zeit, quasi in dem ersten Geburtsjahr dem Sohn zugewandt, dich auch bei der Care Arbeit mit eingebracht. Also was hat dich dazu motiviert? Was glaubst du, würde vielleicht auch andere Männer motivieren, weil ich weiß, dass das leider immer noch seltener ist. Und wie hast du diesen Wandel erlebt? Quasi zum Papa werden.
00:12:39: Celil Genç: Ich hatte das Glück, dass das gerade in die Phase einer beruflichen Neuorientierung für mich fiel. Aus dem alten Job rausgucken, was. Was brauche ich gerade auch für mich sehr stark. Auch die Überlegung Will ich in die Selbstständigkeit reingehen oder nicht? Was mache ich denn und wie? Wie soll mein Leben sich gestalten? Ich will jetzt nicht sagen Midlife-Crisis, aber wenn man halt so Mitte 30 ist und dann passiert, hat man halt die Zeit dann. Dann ist man erstmal schnell dabei, alles in Frage zu stellen. Aber ich habe auch sehr schnell gemerkt, Als Mann hast du nicht mal im Ansatz eine Idee, was es bedeutet, Frau zu sein in so einer Phase. Also ganz ehrlich, wenn die Frau schwanger ist, dann sagt man ja, wir sind schwanger. Nee, wir sind nicht schwanger. Die Frau ist schwanger und du bist dabei. Und als Mann baust du keine. Oder ist es mir schwergefallen, tatsächlich zu dem Kind im Bauch eine Bindung aufzubauen? Ja, da bewegt sich etwas. Du siehst, wie das wächst. Aber das hat mich, nachdem unser Sohn dann kam, extrem. Ja auch melancholisch werden lassen. Was das dann tatsächlich bedeutet, wenn so ein Wesen da ist und das Wesen ist ja nicht fertig. Es ist nicht, wie wir ihm bei den Tieren, dass es schon laufen könnte, nein, es kann gar nichts machen, ist total angewiesen auf das, was du tust und wie du das machst und wie sehr du dich darum kümmerst. Deswegen habe ich da totalen Respekt. Was, was Mütter und was Frauen an der Stelle leisten und als auch Kudos raus aus.
00:14:02: Celil Genç: Also an meine Frau, die, die hat das wirklich super gemacht. Und eins was ich mir wirklich gemerkt habe ist, ich habe sehr viel Zeit verbracht, teilweise nachts um drei aufgestanden und bei uns in der Nachbarschaft den den Kleinen wirklich hier um die Brust gehabt und gelaufen gelaufen gelaufen - mehrere Kilometer am Tag und es hat einfach ein Bonding gehabt. Ich genieße auch heute noch die Zeit mit dem Kleinen und das ist eine gute investierte Zeit. Und das Gute ist, dass ein Investor es gibt ja sofort Dividenden. Also du merkst es im Alltag, wo das Bonding sehr stark ist und auch hoffentlich in der in der Zukunft. Also wird kontinuierlich ausgeschüttet die Dividende. Das finde ich super schön und ich habe auch gelernt, stärker zu beobachten. Also das, wo du normalerweise im Alltag einfach drübergehst und auch Analogien zu ziehen. Also jetzt ist ein Kind, bis ein Baby das erste Mal die ersten Wörter tatsächlich sagt, also richtigen Wörter nicht gaga, sondern wirklich spricht. Das dauert. Also wir Menschen neigen ja dazu, immer zu sprechen, nicht zuzuhören, nicht aktiv zuzuhören. Da zähle ich mich jetzt auch gleich mit dazu. Es passiert immer wieder. Aber bevor man redet, dass man erst mal zuhört, das ist für mich so eine schöne Analogie. Einfach die ich habe. Ja, Kleinkinder nehmen sich die Zeit, die brauchen die Zeit auch und versuchen das mit mit einem Anfängergeist, egal ob es klappt oder nicht.
00:15:20: Celil Genç: Und ich glaube, diese Angst zu scheitern oder Angst etwas falsch zu machen, das ist etwas, was dann einfach beobachtet wird von anderen und dann angenommen wird. Ich glaube dort, ich will nicht sagen, die Kinder davor zu bewahren, das anzunehmen, aber einfach die Augen zu öffnen und sagen Hey, du kannst alles machen, probier dich aus. Und solange keine Lebensgefahr ist, soll er von mir aus balancieren und sonst was machen, was er, worauf er gerade Lust hat und auf Bäume klettern. Ich glaube, diese Freiheit. Ich bin da. Aber ich. Ich bin für dich da, wenn du mich brauchst. Aber ich bin nicht derjenige, der jetzt die ganze Zeit auf dich aufpasst. Das ist ein schönes Gefühl, was ich meinen Kindern gerne mitgeben möchte. Und ja, vielleicht auch der Umgang mit Frust. Das merke ich gerade bei unserem Kleinkind. Der halt schnell frustriert ist, wenn er nicht verstanden wird. Und für ihn ist es ja total klar, was er sagt. Und der Papa, der versteht ihn nicht. Oder die Andi, die versteht ihn nicht. Das ist für ihn total schrecklich und ist dann traurig. Aber ja, mit dem Frust umzugehen und zu sehen, wie er das macht, finde ich auch total, total schön Und ja, bin aber gleichzeitig auch überrascht, wie viel Kinder tatsächlich verstehen, wo man glaubt, die sind noch viel zu jung. Eine kleine Anekdote will ich dir noch kurz erzählen Kann der Klassiker. Hausschuhe sind im Kindergarten verloren. Kennt jeder. Glaube ich. Wo sind die denn? Jeden Morgen gleiche Story.
00:16:38: Lilian Güntsche-Hilgendag: Ich habe, glaube ich, noch nie so viele Hausschuhe gekauft in meinem Leben.
00:16:41: Celil Genç: Ja, das glaube ich dir. Und tatsächlich, Wir haben zwei, drei Tage lang einfach die Hausschuhe nicht gefunden. Und irgendwann habe ich ihn in der Kita einfach auf meinen Schoss gesetzt und gesagt Jetzt sag mal, weißt du, wo deine Hausschuhe sind? Dann ist er einfach aufgestanden ist und so eine Spielzeugbox reingegangen, wo einfach auch noch Klamotten da waren, hat er die so rausgezogen, als sei nichts gewesen? Ich dachte okay, man hätte ihn einfach nur fragen müssen, anstatt im Erziehungsteam zu sagen Hey, wo sind denn die Hausschuhe? Ein bisschen die Augen geöffnet und gesagt okay, der merkt sich das auch. Wo Sachen sind, ist gut. Ja.
00:17:14: Lilian Güntsche-Hilgendag: Ja, wir können viel von diesen kleinen Menschen lernen, oder?
00:17:17: Celil Genç: Absolut. Absolut. Ich glaube, das ist nicht nur Erziehung von Eltern für die Kinder, sondern genauso umgekehrt. Weil man ja auch immer sagt, Ja, ich möchte die Eigenschaft von meinen Eltern nicht haben und das ist eine schöne Eigenschaft von meinen Eltern. Da ertappt man sich ja, dass man plötzlich in die gleichen Muster hineingeht. Ich glaube, da ist auch ein Stück weit auch antrainiert, wie man mit Sachen umgeht. Aber ja, offen sein, Augen offen haben und mit Kinderaugen das sehen, das ist im Alltag echt schwierig, muss man sagen. Kennst du ja auch. Das ist nicht immer leicht. Aber ich sag mal, wenn man das gar nicht machen würde, wenn man gar nicht darauf achten würde, würde es wahrscheinlich auch gar nicht passieren. Also selbst wenn es nur einmal oder zweimal in der Woche ist, wo man sagt Jetzt genieße ich den Moment mal, dann ist es schon viel, viel mehr als als wenn es gar nicht passieren würde. Deswegen Jeder Moment, der, der so eingebracht werden kann, ist ist Gold wert. Ja, definitiv.
00:18:13: Lilian Güntsche-Hilgendag: Ja, also da sprichst du mir natürlich total aus der Seele. Dafür steht ja auch Marienkäfermomente. Genau. Also diese kleinen Momente mal wieder bewusst wahrzunehmen, sich auf die Welt aus Kinderaugen einzulassen. Und wenn es nur bedeutet, dass wir jetzt eine halbe Stunde einen Bagger beobachten oder eben Marienkäferpunkte zählen. Also so.
00:18:33: Celil Genç: Eine Waschmaschine.
00:18:35: Lilian Güntsche-Hilgendag: Genau. Und du kennst mich ja auch aus der aus dem Projektmanagement als als Person, die gerne plant. Und das war für mich tatsächlich eine große Herausforderung am Anfang, als ich Mutter wurde, das irgendwie zuzulassen und das auch erstmal so zu lernen und auch als, ja als als eine ganz tolle Einladung auch zu verstehen. Also nicht zu sagen So, wir müssen jetzt hierhin und dorthin und ich habe noch den Kurs und den gebucht und sondern dann auch zu akzeptieren Hey, heute hat das mal alles gar nicht geklappt, weil mein Baby hatte einfach keinen Bock. Ja, das wollte was anderes, das brauchte was anderes und das ist auch okay. Also das und wir haben eben stattdessen wir waren nicht bei dem und dem Kurs, aber hey, wir haben den den Bagger angeguckt, das war heute unsere Aktivität, Also so und und das auch irgendwie. Das ist ja auch was Schönes, wenn man wieder diese kleinen Dinge im Alltag so bewusst wahrnehmen kann und sich daran erfreuen kann, oder?
00:19:28: Celil Genç: Absolut. Du sprichst mir da wirklich aus der Seele. Den Alltag auch einfach werden zu lassen oder in den Tag hinein zu leben, ist noch mal eine ganz besondere Kunst, glaube ich. Aber da neigen die Eltern dazu, ja. Hier noch ein Schwimmkurs und da noch zum Fußball und da noch das. Ich bin total überrascht, wie wie voll der Terminkalender von Kindern manchmal ist. Abends um 20:00 nach Hause kommen und dann sollen sie noch irgendwie für irgendwas lernen. Ja, ich glaube, fordern und Fördern ist so ein ganz. Ja, eine schwierige Situation auch wie man das entscheiden oder wie man das entscheidet. Es ist auch nicht so leicht, aber ein bisschen Sachen passieren zu lassen ist ganz, ganz wichtig. Und ich glaube, Eltern sind die agilsten Menschen überhaupt. Weil es klappt nicht so. Also ich wünsche mir auch jeden Morgen, dass ich pünktlich zehn vor acht rauskomme. Aber mal ist es der Bagger, der mit muss. Mal will man nicht in die Klamotten, mal will man das und das nicht. Und da ruhig zu bleiben und zu sagen Hey, alles gut. Es hat auch seine guten Seiten. Ich glaube, dass entscheidend die Gelassenheit, wenn Projekte nicht so laufen, wie sie laufen sollten.
00:20:31: Lilian Güntsche-Hilgendag: Ja, genau. „Gelassen und agil dank Kindern“ – so heißt ja auch mein zweites Buch. Wie du weißt. Und deswegen. Also ich glaube auch. Also, Agilität kriegen wir richtig schön rein. Trainiert durch Kinder. Weil es ist eben konstante Veränderung. Und Gelassenheit lernen wir zwangsläufig. Also weil es gehört eben dazu und ja und aber genauso wird man eben auch manchmal getriggert und das ist auch okay. Also auch da, sich noch mal neu kennenzulernen.
00:20:58: Celil Genç: Ja, es ist wichtig auch. Also meine Frau, die sagt dann auch Hey, wieso hast du da so und so reagiert, wenn irgendwas war und dann reflektierst und sagst Mist, hätte ich nicht so tun sollen. Na ja.
00:21:09: Lilian Güntsche-Hilgendag: Niemand ist perfekt, oder?
00:21:10: Celil Genç: Nobody's perfect. Es gibt so ein tolles Poster bei bei uns in der Kita. Ich weiß gar nicht, wie das heißt. Starke Forderungen starker Kinder oder so. Es ist so die Überschrift mit so zehn kleinen Bildchen. Was? Was fordert eigentlich mein Kind von mir? Bleib standhaft, Ich fühle mich sicher, wenn du, wenn du dein Wort hältst, weil dann weiß ich, dass ich mich auf dich verlassen kann, oder? Sei bitte nicht inkonsequent. Wenn du das eine sagst und das andere tust, dann verliere ich das Vertrauen in dich oder überhäuft mich nicht mit allem. Ich weiß, dass ich nicht alles bekommen kann. Ich will nur meine Grenzen austesten und aus der Kinderbrille das gesagt zu bekommen auf so einem Poster finde ich super schön, weil man neigt ja dazu, alles was einem wichtig ist, dann so stückchenweise aufzugeben, damit der Alltag sich problemlos gestaltet. Aber das führt dazu, dass vielleicht größere Probleme dann wachsen. Ich sag nur Medienkonsum. Also mal ganz ehrlich, wer hat es noch nicht gemacht? Einfach das iPad geöffnet und vor das Kind gestellt und gesagt Boah, ich brauche mal kurz fünf Minuten zum Durchschnaufen oder zehn Minuten zum so.
00:22:08: Lilian Güntsche-Hilgendag: Was machst du? Du bist ja ein böser Vater. Ich hörte.
00:22:11: Celil Genç: Ich hörte, dass manche Eltern so etwas machen. Und das finde ich total schrecklich. Sowas ist einfach nur abscheulich. Sowas sollte man nicht tun. Spaß beiseite, aber es ist. Man merkt, dass das irgendwie total auch schwer ist, alles unter einen Hut zu bekommen. Das kann man vom. Ich weiß nicht, ob das klassische Familienbild Frau ist zu Hause, Mann geht arbeiten und kümmert sich nicht um Kinder. Das ist eigentlich total veraltet. Ich glaube, das gibt es noch. Aber ich ich erlebe das in meinem Alltag und in meinem Freundeskreis zum Beispiel gar nicht. Ich sehe eigentlich fast nur Väter, die sich sehr gern um ihre Kinder kümmern und sehr viel Zeit mit ihnen haben, aber auch sehr viel Familienzeit. Also es ist nicht nur ein Vater Kind, sondern auch Vater, Mutter, Kinder. Das sehe ich total viel und ich finde das einfach super schön, dass sich das so gewandelt hat. Vielleicht aber auch ein Stück weit der Tatsache geschuldet, dass ja. Frauen auch viel aktiver im Arbeitsalltag sind. Also du als Selbstständige, als Frau mit so vielen Rollen und das gehört irgendwie dazu und das sollte nicht ausschließen, sondern halt inkludiert werden irgendwie in den Alltag eingebaut werden und ich glaube, es müßtest du gewesen sein. Sogar wenn ich mir das richtig gemerkt habe, hast du nicht mal gesagt es geht nicht um Work Life Balance, sondern Work Life Integration oder wie war das?
00:23:32: Lilian Güntsche-Hilgendag: Ja genau, Work Life Blending.
00:23:34: Celil Genç: Also ich habe. Ja, genau. Ja.
00:23:37: Lilian Güntsche-Hilgendag: Genau.
00:23:37: Celil Genç: Das ist, glaube ich, genau das, worum es eigentlich geht. Du hast vorhin meinen Sohn angesprochen, der ich, den ich mitgebracht habe, zur Feier. Ja, wenn es halt nicht anders geht. Bevor er zu Hause alleine ist und ich irgendjemanden suchen muss, der auf ihn aufpasst, sage ich Warum brauche ich jemand Fremdes, der sich um meinen Sohn kümmert? Dann nehme ich ihn halt mit, dann gehört das dazu. Wobei das auch natürlich, man öffnet sich, Man macht sich dadurch auch verwundbar. Ein Stück weit, weil man Privates mit Beruflichem vermischt. Und das kann immer gut laufen. Es kann aber auch manchmal nicht gut laufen. Dann muss man sich immer vor Augen führen, glaube ich.
00:24:12: Lilian Güntsche-Hilgendag: Ja, eine bewusste Entscheidung zu treffen.
00:24:15: Celil Genç: Die Entscheidung zu treffen. So ist es. Genau.
00:24:17: Lilian Güntsche-Hilgendag: Ich würde gern noch mal auf die Persönlichkeitsthematik zurückkommen. Mit dem Zitat, was ich anfangs von dir nannte, mit der Orchestrierung und Moderation dieser verschiedenen Persönlichkeitsanteile. Du sagst, du liebst das und das ist für dich ein gutes Training, diese Balance zu finden. Was hat es damit auf sich und was spielt Achtsamkeit da für eine Rolle?
00:24:37: Celil Genç: Hm, ja, ich. Hatte vor langer Zeit mal den Titel leider nicht mehr zusammen. Genau diese Orchestrierung, diese unterschiedlichen Elemente in einem darüber gelesen. Und das fand ich so faszinierend, weil man ja, wenn man das vielleicht nicht so nicht so bewusst wahrnimmt, Erwartungshaltung an einen selbst hat und insbesondere, wenn man Ängste hat. Du hast vorhin, wir hatten vorhin über die berufliche Neuorientierung beispielsweise gesprochen, das ist erstmal kein gemütlicher Zustand und das klingt alles so wahr. Die Welt steht einem offen, bedeutet aber gleichzeitig auch Es gibt so viele Risiken, die auf mich lauern Und ich habe irgendwann mal auch mich mit dem Thema Angst sehr stark auch beschäftigt, weil ich gemerkt habe, da gibt es Elemente, die einfach immer wieder hochkommen. Und da habe ich festgestellt, eigentlich möchte sich die Angst vor, vor irgendetwas schützen, dass du verletzt wirst, dass du traurig wirst, egal wie. Ist also eher ein Reflex, der, der in uns ist. Und mit der Orchestrierung meine ich eigentlich, dass man das nicht abstellt, sondern dass man das begrüßt. Enhancement und Embracement und einfach nur umschließen und sagen Hey, cool, danke, dass du da bist. Liebe Angst, was willst du mir denn gerade sagen?
00:25:54: Lilian Güntsche-Hilgendag: Mhm.
00:25:55: Celil Genç: Okay. Du möchtest nicht, dass ich bei der Präsentation scheitere, oder dass das Projekt super gut läuft. Okay, cool. Danke, dass du mich davor schützen willst. Lass mal gucken, welche Risiken da lauern. Also eher im Dialog zu sein, ist am Anfang ein bisschen schwierig. Aber das aufzunehmen und und einfach damit zu arbeiten finde ich super, super spannend. Eine gute Freundin von mir hatte das Thema Tinnitus mal ganz stark, dass sie einfach davon betroffen war und es kam so plötzlich und sie hatte mir dann berichtet, wie sie mit mit einem Therapeuten darüber gesprochen hatte und dass der Therapeut gesagt hat Verurteile bitte nicht den Tinnitus, der möchte dir was sagen, der möchte dir sagen, Du bist gerade gestresst. Pass mal gerade ein bisschen auf dich auf. Und seitdem ich weiß, immer wenn ich so ein kurzes Klingeln im Ohr habe, halte ich erstmal inne, atme durch und merke gerade okay, ich bin gestresst und es ist immer so irgendwie bin ich gerade total auf 180 oder innerlich unruhig und sobald ich das merke, wirklich innerhalb von wenigen Sekunden, ist das Geräusch auch wieder weg. Und das finde ich eigentlich so cool, dass der Körper und der Geist, der Kopf, die eigentlich die ganze Zeit Signale schickt. Und jetzt kommen wir zu dem Thema Achtsamkeit. Wenn du da nicht drauf hörst und das einfach nur übertüncht und überspielt und immer nur im Hamsterrad weiter machst, dann wird das Problem irgendwann körperlich oder geistig. Vielleicht so, dass es zu spät ist. Und da ist, glaube ich, jeder ein Stück weit für sich selbst verantwortlich. Zu gucken, wie es ist, wie man damit umgeht. Und das zu orchestrieren, ist eine Aufgabe, eine Mammutaufgabe. Tatsächlich. Es klappt nicht immer. Manchmal sagt man auch Ja, die Angst ist zwar jetzt da, aber ich muss dich jetzt einfach links liegen lassen. Ich komme, kümmere mich später um dich. Vielleicht. Aber ich kann gerade nicht. Und das ist vielleicht für die Angst nicht gut. Aber in so einem Umgang mit sich selbst zu haben, ist, glaube ich.
00:27:43: Lilian Güntsche-Hilgendag: Ja, das hast du sehr schön, sehr schön erklärt. Und es ist ja auch tatsächlich eine sehr achtsame Haltung, die du da einnimmst. Also dieses Beobachter Ich letztendlich einzunehmen und sich nicht damit zu sehr einnehmen zu lassen, sondern zu sagen Ich sehe dich, ich nehme dich wahr Gefühl, auch wenn es vielleicht mal ein negativ geprägtes Gefühl ist. Und es ist auch okay, dass du da bist. Also das nicht wegzudrängen. Ja, sehr schön. Das ist auch eng vernetzt mit dem Thema Selbstfürsorge. Da würde ich auch ganz gerne noch mal kurz mit dir darauf zu sprechen kommen, weil ich weiß, dass das für dich auch eine Bedeutung hat. Wie integrierst du denn Selfcare in dein Leben beruflich als auch privat? Und hast du da irgendwelche Tipps oder Erkenntnisse für dich, die du teilen magst?
00:28:26: Celil Genç: Also als unser Kleiner noch mal kam, das hat natürlich unseren gewohnten Alltag komplett umgeschmissen. Nee, die Zeit, die du sonst für dich hattest oder für die Partnerschaft. Also wir sind total oft essen gegangen. Wir sind total oft draußen gewesen und unser Älterer, der war ja in einem Alter, wo man wirklich viel unternehmen konnte. Und das hat sich dann total gewandelt. Und dann hatten wir halt ein älteres Kind, das hat Bedürfnisse immer noch. Aber das Bedürfnis zu stillen ist viel, viel schwieriger als gemeinsame Familie. Weil da gibt es noch einen kleinen, der ist halt der Mittagsschlaf. Du musst da irgendwie drauf Rücksicht nehmen und das war tatsächlich am Anfang super, super schwierig für uns. Wir haben uns, glaube ich, so eingegroovt, dass wir auch eine Wochenplanung gemacht haben. Wirklich total simpel, aber ich habe einfach irgendwann mal eine Excel Tabelle erstellt mit mit allen unseren Namen. Und wer holt das Kind wann ab? Was macht das Kind? Was passiert? Was sind. Ja und auch noch ein separates Blatt? Was? Was ist diese Woche eigentlich wichtig? Ein Geschenk besorgen. Das und das erledigen im Haushalt so, dass eigentlich möglichst wenig liegen bleibt und wir uns auch aufeinander verlassen können? Weil natürlich, wenn, wenn wir Absprachen treffen mit mit meiner Frau, dann muss sie sich darauf verlassen können, dass ich das erledige und umgekehrt genauso.
00:29:37: Celil Genç: Ja, also relativ simpel, Wochenplan, Wochenaufgaben, aber auch mit dem Ziel Da wollen wir hin. Es ist jetzt nicht dogmatisch, dass wir sagen, das muss jetzt alles so komplett gemacht werden. Ich glaube, klar in der Planung, agil in der Umsetzung ist, ist es ja ist die Zauberformel. Und ohne Plan fühlt es sich total chaotisch an, zumindest ist es das, mein Gefühl. Und gleichzeitig eben auch noch auf die auf die unterschiedlichen Bedürfnisse zu hören. Was braucht meine Partnerin vielleicht auch gerade? Hey, ich habe zwar gesagt oder du hast zwar gesagt, du würdest das Kind abholen, aber vielleicht springe ich heute ein. Hab mal ein bisschen Zeit für dich, geh mal Kaffeetrinken mit deiner Freundin oder mach irgendwas mit anderen mitFreunden. Ich glaube, diese Offenheit zu haben, ist total wichtig, dass jeder auch noch Zeiträume für sich hat und Rituale zu haben. Aber ich finde es auch total schön, wie wie unsere zwei Söhne miteinander umgehen. Also es ist auch total spannend. Also dass die weit weg voneinander sind. So zwölf Jahre Abstand haben, finde ich total spannend, weil ich auch unseren Sohnemann in einer ganz anderen Rolle wahrnehme. Ja, und das sind Momente, die ich einfach nicht missen möchte. Also will sagen schön klar in der Planung, agil in der Umsetzung führt zu mehr Gelassenheit.
00:30:45: Lilian Güntsche-Hilgendag: Herrlich. Wir haben eine gute Formel hier aufgestellt. Sehr gut. Du bist ja jetzt in der in der Gesundheitsbranche tätig und setzt dich ja unter anderem dafür ein, dass die Patientenakte weiterentwickelt wird. Und das Rezept, das ist ja ein großer Auftrag die Digitalisierung des Gesundheitswesens. Was motiviert dich, dich dafür stark zu machen?
00:31:11: Celil Genç: Ich war ja zuvor zwölf über zwölf Jahre in der Smart Building Branche, in verschiedenen Rollen und Führungsrollen mit einem Schwerpunkt Produktmanagement, Innovationsentwicklung, Strategieentwicklung, Produktentwicklung. Das waren so meine Steckenpferde, die ich an der Stelle hatte. Mit den beruflichen Neuorientierung habe ich auch für mich noch mal geschaut Was möchte ich denn komplett tun? Weil du bist nach zwölf Jahren irgendwo in dieser, ich will sagen in so einem goldenen Käfig auch gefangen. Man kennt Hinz und Kunz, Gott und die Welt in dieser Branche. Aber ähm, ja, ich dachte ja, das Thema Klima ist super, super wertvoll. Definitiv. Was gibt es noch? Wo könnte ich mich noch einbringen? Und da bin ich tatsächlich dann über Zufälle oder Schicksals Schicksalsmomente, wie man so sagen will, einfach auf die Gematik gestoßen und das fand ich super spannend, weil es sinnstiftend ist, weil es jeden betrifft. Also ich profitiere selbst davon. Du profitierst davon. Alle Menschen, die in Deutschland leben, kommen irgendwann mal mit den Dingen, die die Gematik macht oder spezifiziert oder zulässt in Berührung. Und das finde ich einfach total spannend. Und das macht es heute für mich noch. Ja. Also du brauchst keinen Purpose. Du musst den Leuten nicht erklären, warum das wichtig ist, sondern dass es direkt verständlich.
00:32:35: Celil Genç: Und ich finde es auch schön, dass jeder Berührungspunkte damit hat und damit sofort was anfangen kann. Und jeder hat eine Geschichte, was gut läuft und was weniger gut läuft und was im Gesundheitswesen anders machen könnte und verbessern könnte. Also ich muss mir an Abenden, wenn ich neue Menschen kennenlerne und falls es zu dem Thema Was machst du beruflich kommt. Dann muss ich mir keine Gedanken machen. Die Themen gehen definitiv nicht aus und ich finde es einfach schön Hier auch bei einem geschichtsträchtigen Moment mit dabei zu sein. Wir haben die elektronische Patientenakte vor wenigen Wochen eigentlich eingeführt und der deutschlandweite Rollout steht auch bevor. Und das wird einfach den Alltag verändern. Jetzt meckern, meckern vielleicht viele, aber in fünf Jahren wird das einfach Alltag sein. Oder in zwei Jahren vielleicht schon und man möchte das gar nicht mehr missen. Und das finde ich schön an so großen Digitalisierungsprojekten und Changeprojekten, dass das, dass Menschen das Leben von Menschen vereinfacht und verändert und ja, und da dabei zu sein, eine prägende Rolle, eine entscheidende Rolle mit dabei zu haben, finde ich einfach für mich sehr wertvoll. Und ich bin sehr dankbar, dass ich da mit dabei sein kann.
00:33:42: Lilian Güntsche-Hilgendag: Toll. Wie du schon sagtest, da hat jeder eine Meinung zu. Also kann ich mir vorstellen, dass da einfach auch viele mitreden wollen. Dass du sehr viele unterschiedliche Interessenslage hast, die du irgendwie in Einklang bringen musst. Das ist wahrscheinlich auch manchmal etwas stressig, kann ich mir vorstellen. Was ist denn dein Top Hack, um mit Stress umzugehen?
00:34:14: Celil Genç: Ich glaube, die akzeptieren, dass es überhaupt Stress gibt. Ich wünschte, der wäre immer. Es wäre immer Stress. Aber das ist tatsächlich nicht der Fall. Ein ehemaliger Kollege hat von mir mal gesagt Hör mal, du kannst es nicht jedem recht machen. Das bedeutet aber auch Das ist gut. Das befreit dich von der Pflicht, es jedem recht machen zu wollen oder zu müssen. Also ein Stück weit ist es tatsächlich so Wir haben aufgrund der Tatsache, dass die Gematik so eine bedeutende Rolle im Gesundheitswesen hat, bedeutet das, wir haben so viele Shareholder Stakeholder? Nenn es wie du willst, Partner, Industriepartner bis hin zu Versicherten, mit denen wir im Dialog sind. Alle Bedürfnisse in Einklang zu bringen, funktioniert nicht. Manchmal ist die politische Situation nicht opportun. Manchmal macht es technisch wenig Sinn. Und das unter einen Hut zu bringen, finde ich gerade als Aufgabe spannend. Also das nicht als Stress zu sehen, Verdammt, ich muss es jedem recht machen, sondern lass mal gucken, was wir tun können. Das finde ich super, super spannend. Ich habe mich auch in den vergangenen Monaten sehr stark mit der Transaktionsanalyse beschäftigt. Und da gibt es ja das Thema innere innere Antreiber sei perfekt. Sei stark und bei mir ist halt Mach es allen recht, muss ich ehrlicherweise zugeben, stark ausgeprägt. Und beeil dich. Auch sehr stark ausgeprägt. Und das ein bisschen zu nivellieren und die anderen Elemente auch mal vorzulassen, ist vielleicht, vielleicht ganz gut. Und das, was die Menschen von mir erwarten, ist möglicherweise nicht unbedingt das, was, was ich von mir selbst erwarte. Und das muss ich mir auch immer wieder klarmachen. Was? Was tut mir denn gerade gut? Und ja, ich hatte und ich glaube, dass ganz wichtig ist, auch in solchen schwierigen Momenten, wenn man Stress hat, nicht an sich selbst zu zweifeln.
00:35:51: Celil Genç: Ich habe irgendwann mal das Kunstwort für mich kreiert. Dieses „Selbstwertrauen“. Also nicht Selbstvertrauen, sondern tatsächlich mit dem Wert geschrieben. Selbstwert und Selbstvertrauen geht für mich einher. Ist für mich ein gemeinschaftliches Thema. Und ich glaube auch, dass alles, was wir brauchen, um mit Problemen umzugehen, dass die in uns drin stecken. Sie müssen vielleicht irgendwie herausgekitzelt werden. Man verfällt ja sehr schnell in Selbstzweifel, wenn es mal ein bisschen brenzlig wird. Und auch ich müsste noch dieses Selbstoptimierungsbuch lesen. Und dann gibt es ja noch diesen Guru, der weiß ganz genau, wie meine Probleme gelöst werden können. Kompletter Bullshit. Ich glaube, das sind einfach nur Elemente, die Dinge, die in uns drin stecken an Triggern. Und was ich im Leben häufig gemerkt habe, ist man hat ein natürliches Gefühl, wie man ein Problem lösen kann. Man hat aber vielleicht keinen Namen dafür oder kein kein Framework im Sinne von Ach so, das heißt also das und das. Ich wusste das schon immer, aber ich wusste nicht, dass es dafür einen Namen gibt und jemand schon sich Gedanken darüber gemacht hat, wie das Konzept dazu aussehen kann. Deswegen will ich sagen Stress passiert. Entspannt damit umzugehen und das zu akzeptieren, ist, glaube ich, wichtig. Sich nicht verrückt machen ist wichtig und auch, wie gesagt, das Selbstwertgefühl auch darunter nicht leiden zu lassen und die Ruhe zu bewahren, sagt sich so leicht, aber es will. Jedes Mal, wenn das aufkommt, muss das geübt werden und sehr schön.
00:37:17: Lilian Güntsche-Hilgendag: Danke dir.
00:37:18: Celil Genç: Das was für mich funktioniert, muss ich dazu sagen. Ich finde es auch schwierig zu sagen So mache ich das. Es ist das Patentrezept. Vergiss es. Das, was für mich funktioniert, funktioniert vielleicht für dich gar nicht. Oder umgekehrt. Das gehört zur Wahrheit dazu. Ja.
00:37:30: Lilian Güntsche-Hilgendag: Jeder, jeder Mensch ist anders. Das ist ja auch gut so! Wir kommen leider zum Ende unserer Zeit. Sehr schade. Es ist wahnsinnig schnell, wahnsinnig schnell vergangen. Vielleicht müssen wir noch mal ein Follow up zusammen planen. Der Marienkäfer Marienkäfermomente ist ja der Name des Podcasts. Und der Marienkäfer ist ja auch ein Glückskäfer. Und deswegen möchte ich dich zum Abschluss noch fragen. Meine persönliche Lieblingsfrage. Wenn sich ein Glückskäfer auf deine Schulter setzen würde und fragt Shirley was kann ich dir für einen Wunsch erfüllen? Für Eltern, Familie und Kinder? Was würdest du dir wünschen?
00:38:05: Celil Genç: Also ich finde die Geschichte des Marienkäfer ist ja auch in deinem YouTube Kanal Kann man sich das nochmal anhören in deinem Podcast? Das fasziniert mich. Und was mich fasziniert daran ist die Einfachheit des Vergleichs. Ich finde, das macht die Geschichte so stark. Und das ist natürlich, das ist ein persönliches Erlebnis von dir. Das finde ich halt einfach. Ja, berührt mich tatsächlich auch, weil sie mich daran erinnert, Ruhe zu bewahren, den Dingen Raum zu geben. Es klappt nicht immer, aber ich habe das vorhin schon gesagt. Wenn wir darauf gar nicht achten würden, würde es wahrscheinlich auch gar nicht passieren. Das Leben würde nur an uns vorbeiziehen und irgendwann im Sterbebett würden wir denken. Mist! Verdammt, da war doch was. Und damit das nicht passiert. Momente passieren zu lassen und aufmerksam diese. Diese. Diesen Wink des Schicksals auch zu sehen. Das ist ja immer, dass es passiert. Das sind Momente und wir gucken einfach drüber hinweg. Und für mich ist diese Geschichte, die du erzählst, mit dem Marienkäfer, die prägt auch ein Stück weit mich, weil ich auch gerne meine Marienkäfermomente mit meinen Kindern und mit meinen, mit den Menschen, die ich liebe, auch gerne schaffen möchte.
00:39:14: Lilian Güntsche-Hilgendag: Das freut mich sehr. Wunderschön! Vielen, vielen Dank für das tolle Gespräch und die wertvollen Impulse und Einblicke. Ja, danke für die Einladung. Ja, Danke schön.
00:39:25: Celil Genç: Ja. Besten Dank. Und. Wie sagt man, wenn man einen Podcast beendet? Tschüss an alle.
00:39:33: Lilian Güntsche-Hilgendag: Oder wenn wir noch. Wenn du mehr über Celil erfahren möchtest und sagst. Hey, cooler Typ. Toll. Spannender, spannender Gesprächspartner. Wir teilen natürlich. Entschuldigung in den Shownotes einige Links und Informationen zu ihm. Und gibt es noch irgendwas, wo du sagst das ist der beste Kanal, wenn man mit dir in Verbindung treten möchte?
00:39:54: Celil Genç: Also das ist genau das. Ich bin super, super langsam im Zurückschreiben auf Nachrichten auf LinkedIn. Also LinkedIn ist ein guter Kanal, weil ich finde, das ist einfach eine gute Möglichkeit, in Kontakt zu bleiben. Aber ich bin super träge. Vielleicht noch zwei, zwei Sätze dazu. Es gibt so viele Kanäle, über die man wirklich kommuniziert WhatsApp, Email, Privat, Beruflich. Keine Ahnung. Instagram und sonst was. Ich bin einfach am Abend teilweise super erschöpft. Ich weiß nicht, wie es dir da geht. Vielleicht ist das ein Thema, was wir beim nächsten Podcast.
00:40:24: Lilian Güntsche-Hilgendag: Auf jeden Fall gerne über.
00:40:25: Celil Genç: Linkedin bin. Ich bin ich sehr gerne verfügbar und ich freue mich auch über die Kontaktaufnahme. Und falls ich mich nicht mehr melde, nehmt es also nicht persönlich, sondern ist einfach nur da.
00:40:37: Lilian Güntsche-Hilgendag: Ist so okay und das ist gut so! Danke dir, Shelly. Danke. Alles Gute weiterhin.
00:40:43: Celil Genç: Ja, Bis dann. Ciao. Ciao.
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